Zürich, in der Tram Nr.3, Haltestelle Kunsthaus.
Kurz nachdem die Tram losfährt, knallt ein weißer Plastiksack mit voller Wucht gegen die Scheibe der Fahrerkabine und gegen die erste Tür. Die Bahn hält mit einem Ruck nach kaum einem Meter Fahrt an, die vorderste Tür öffnet sich und der Tütenschwinger, zum Erstaunen aller ein gebrechlicher, etwa 80jähriger Mann, erklimmt die zwei Stufen. Da steht auch schon der Fahrer vor ihm, drückt ihm den Zeigefinger ins Gesicht und schreit:
“Wenn Sie das noch einmal, NOCH EINMAL machen, dann sorge ich dafür, dass Sie nie mehr Bahn fahren dürfen. Sind sei eigentlich nicht ganz richtig im Kopf?”.
Der Alte, sichtlich überfordert, aber fuchsteufelswild, hält seinerseits den Zeigefinger empor und zettert in voller Lautstärke:
“Und Sie…Sie… Sie noch einmal… Abfahren! Frechheit!”
Das Publikum im Wagen starrt halb verblüfft, halb gespannt den beiden Duellierenden entgegen, die noch einige Freundlichkeiten austauschen, ohne den jeweils anderen zu verstehen, bis der Fahrer sich wutentbrannt in die Kabine zurückzieht und das Türchen hinter sich zuknallt, der Alte sich völlig verstört, schnaubend und zitternd hinsetzt und die Bahn endlich abfährt. Betretene, fassungslose Stille im Wagen.
Da sagt ein etwa 16-jähriger hinter mir für alle gut hörbar zu sich selbst:
“Tztz… Also zu meiner Zeit hats sowas nicht gegeben…”
Die ganze Bahn schüttete sich noch Haltestellen später aus vor Lachen.
belauscht in Zürich von Huni